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Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Jetzt hat Peter Götz das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Petra Müller [Aachen] [FDP]: Qualität setzt sich durch!)

Peter Götz (CDU/CSU):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir heute über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Deutschland debattieren, müssen wir auch bei diesem Tagesordnungspunkt die schlimmen Auswirkungen in den Hochwasserregionen sehen.

(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Immer mehr Menschen müssen sich vor dem Hochwasser in Sicherheit bringen. Tausende Häuser sind evakuiert. Die Folgen für die betroffenen Menschen vor Ort können wir nur erahnen. Es ist gut und richtig, dass von allen Seiten unbürokratisch Hilfe angeboten wird.

Die furchtbaren Ereignisse in den Hochwassergebieten helfen vielleicht auch ein wenig, die stark dramatisierenden Überschriften der Anträge der Opposition zur heutigen wohnungspolitischen Debatte ins richtige Licht zu rücken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Petra Müller [Aachen] [FDP])

„Bedarfsgerechtes Wohnen dauerhaft sichern …“, „Bezahlbares Wohnen in der sozialen Stadt“, „Wohnungsnot bekämpfen …“, ich fühle mich bei diesen Überschriften zurückversetzt in die Zeit, als in Deutschland flächendeckend eine echte Wohnungsnot herrschte.

Es ist keine Frage, dass eine angemessene Versorgung mit Wohnraum zu den Grundbedürfnissen eines menschenwürdigen Lebens gehört. Auch wenn seit drei Jahren der Aufwärtstrend auf dem Wohnungsmarkt unverkennbar ist, erleben wir in vielen Großstädten und Universitätsstädten Engpässe mit überproportional stark steigenden Mieten. Das Angebot kann dort mit der wachsenden Nachfrage nicht mithalten. Wir haben das gestern bei der Sachverständigenanhörung im Ausschuss bestätigt bekommen. Die Sachverständigen haben aber auch bestätigt, dass wir in Deutschland von einer Wohnungsnot weit entfernt sind. Ja, es gibt Städte oder Stadtteile, die stärker nachgefragt sind als andere. Neue oder modernisierte Wohnungen in diesen Stadtteilen steigern die Nachfrage zusätzlich; es ist oft „chic“ oder „in“, dort zu wohnen. Es gibt aber auch Städte und ganze Landstriche, in denen der Wohnungsleerstand den Wohnungsuchenden zu niedrigen Mieten verhilft und Hauseigentümer schon seit Jahren keinen Überschuss mehr aus der Vermietung von Wohnungen erzielen. Die Folge sind sinkende Immobilienwerte, mit allem, was dazugehört.

Was will ich damit sagen? Deutschland hat einen sehr differenzierten Wohnungsmarkt. Die Politik muss pass- und zielgenau auf bestimmte Engpässe reagieren. Bund, Länder und Gemeinden sind in ihrer jeweiligen Zuständigkeit zum Handeln aufgefordert. „Zuständigkeit“ ist ein wichtiges Stichwort: Wenn es darum geht, Maßnahmen für neuen Wohnraum zu günstigen Mieten zu treffen, müssen wir uns das Engagement der Länder genauer anschauen. Seitdem ihnen 2006 bzw. 2007 im Rahmen der Föderalismusreform die Zuständigkeit für die Förderung von sozialem Wohnraum übertragen wurde – sie wollten diese Zuständigkeit –, sind allein die Länder für die Förderung von sozialem Wohnraum zuständig. Es ging bei der Übertragung nie um eine Abschaffung der Förderung von sozialem Wohnraum. Der Bund stellt den Ländern für diese Aufgabe nach wie vor jedes Jahr 518 Millionen Euro zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es kann aber auch nicht sein, dass zum Beispiel das Land Berlin die Bundesmittel, die es für den sozialen Wohnungsbau erhalten hat, in die Finanzierung landeseigener Altverpflichtungen umleitet und anschließend nach dem Bund ruft, damit er die Probleme am Berliner Wohnungsmarkt löst.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Daniela Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann muss der Minister einschreiten!)

Beim Bund nehmen und den Bedürftigen nicht geben, das ist mehr als unmoralisch. Eine Sanierung von Landeshaushalten auf dem Rücken einkommensschwacher Wohnungssuchender und Mieter, wie sie gerade in Berlin unter Rot-Rot erfolgt ist, darf nicht weiter hingenommen werden. Seit Wiedereintritt der CDU in die Berliner Regierung vollzieht sich dort Gott sei Dank ein Umdenken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, wir brauchen in jedem Fall eine Selbstverpflichtung der Länder für eine Zweckbindung künftiger Mittel des sozialen Wohnungsbaus.

(Bettina Herlitzius [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! Durchsetzen!)

Herr Bundesminister Ramsauer hat auch Vorschläge unterbreitet,

(Daniela Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur noch machen!)

mit denen der Bund auf den Trend der regionalen Wohnungsengpässe reagieren kann.

(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Eigenheimzulage! – Martin Burkert [SPD]: Nicht reden, machen!)

Die größte Attraktivität, Herr Pronold, strahlt für mich dabei der Vorschlag der Wiedereinführung der degressiven Abschreibung aus.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wenn ich mich recht erinnere, wurde sie 2006 unter dem damaligen Bundesfinanzminister Steinbrück abgeschafft. In der Geschichte der deutschen Wohnungspolitik war aber nichts erfolgreicher als eine steuerliche Förderung. Sie lässt Marktmechanismen wirken und hat eine hohe private Investitionsbereitschaft zur Folge.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Steuergeschenke! Klientelpolitik!)

Was kann den Wohnungsuchenden denn Besseres passieren als stark steigende Wohnungsbauzahlen in nachgefragten Lagen? Regelungen über das Mietrecht sind nur befristete Mangelverwaltungen.

(Widerspruch bei der SPD)

Die Lösung der Probleme liegt in der Schaffung von neuem Wohnraum.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nutzen wir doch einfach die guten Erfahrungen der Vergangenheit! Aber leider haben SPD und Grüne ein Problem mit erfolgreichen steuerpolitischen Instrumenten. Ihr Geschrei bestätigt dies. Gerade haben wir es bei dem im Bundesrat abgelehnten Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden erneut erleben dürfen.

(Martin Burkert [SPD]: Die haben Sie doch gekürzt!)

Auch dort haben sich SPD und Grüne rein ideologisch zulasten von Umwelt und Mietern positioniert. Beim Blick in die Wahlprogramme von SPD und Grünen bekommt man eine wohnungspolitische Gänsehaut.

(Martin Burkert [SPD]: Ihr habt ja gar keins!)

Wen, bitte schön, wollen Sie mit der Einführung einer Vermögensabgabe oder einer Vermögensteuer eigentlich für Investitionen in neue Wohnungen begeistern? Glauben Sie allen Ernstes, neue steuerliche Belastungen bei Immobilien animierten jemanden, in Wohnungen zu investieren?

Der bessere Weg ist der Vorschlag des Bundesministers Peter Ramsauer, die Leistungsfähigkeit des Wohngeldes zu erhöhen. Das Wohngeld kann einkommensschwachen Mietern bei der Versorgung mit angemessenem Wohnraum helfen. Ich hoffe, dass wir, wenn wir diesen Vorschlag machen, nicht wieder die gleiche Blockadehaltung der von SPD und Grünen regierten Länder erleben wie bei der gerade genannten steuerlichen Förderung der energetischen Sanierung.

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt nennen. Für mich ist auch der Erwerb von Belegungsrechten ein geeignetes Instrument, um preisgünstigen Wohnraum vor Ort anbieten zu können.

Meine Damen und Herren, den eigentlichen Schlüssel hält die kommunale Wohnungspolitik in der Hand. Wenn zum Beispiel in der Stadt München – nur als Beispiel, Herr Pronold – kein geeignetes Bauland zur Verfügung gestellt oder ausgewiesen wird, können dort auch keine neuen Wohnungen entstehen.

(Martin Burkert [SPD]: Nirgends sind mehr neue Wohnungen entstanden als in München!)

Der Engpass treibt die Mieten nach oben, und die Mieter haben letzten Endes das Nachsehen, wenn sie sich um eine günstige Wohnung bewerben. Wo kommunale Grundstücke oder Wohngebäude gezielt nur so auf den Markt gebracht werden, dass stark steigende Immobilienwerte die kommunalen Kassen füllen, sind Erwartungen an günstige neue Mietwohnungen auch nicht mehr erfüllbar. Wenn überzogene Renditeforderungen an eigene, also kommunale, Wohnungsunternehmen formuliert werden – auch das gibt es –, kann von diesen Unternehmen nicht gleichzeitig ein moderates Mietenniveau eingefordert werden.

(Daniela Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wahr!)

Kommunen mit Wohnungsengpässen müssen sich deshalb selbst aktiv an der Problemlösung beteiligen. Durch eine langfristig angelegte Baulandpolitik vor Ort lassen sich die lokalen Engpässe am Wohnungsmarkt am besten lösen. Das muss auch kein Bauen auf der grünen Wiese sein. Wir haben nach wie vor große innerstädtische Brachflächen, seien es Industrie- oder Militärbrachen, die reaktiviert werden können. Mit den bewährten Instrumenten der Städtebauförderung kann der Bund, aber können auch die Länder den Kommunen helfen, diese Flächen zu entwickeln.

Meine Damen und Herren, ich finde es ausgesprochen gut, dass die Bundespolitik die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft als eine der tragenden Säulen für die Wirtschaftskraft Deutschlands wiederentdeckt hat. CDU und CSU werden in den nächsten Wochen den richtigen Instrumentenmix für eine gute Wohnungspolitik präsentieren. Der rot-grüne Schlachtruf „Bildung statt Beton“ vergangener Jahre hat nachweislich nicht funktioniert und kann zu den Akten gelegt werden. Wir brauchen beides, eine bessere Bildung unserer Kinder, aber auch bezahlbare Wohnungen, in denen unsere Kinder aufwachsen können. – Herzlichen Dank.

Frau Präsidentin, gestatten Sie mir am Ende meiner Rede noch ein persönliches Wort. Dies war nach 23 Jahren aktiver Arbeit im Deutschen Bundestag meine letzte Rede in diesem Hohen Haus. Ich möchte mich für das gute Miteinander bedanken, auch über Fraktionsgrenzen hinweg und bei allen Unterschieden, die politisch zu diskutieren waren. Ich muss sagen: Ich war gerne Mitglied des Deutschen Bundestages. Ich wünsche Ihnen eine gute Zukunft und persönlich alles Gute. Diesem Hohen Haus, diesem Parlament wünsche ich weiterhin eine positive Entwicklung.

Herzlichen Dank.

(Beifall im ganzen Hause)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Götz, im Namen des ganzen Hauses gebe ich Ihren Dank für die gute Zusammenarbeit gerne zurück. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Durch Ihr starkes Engagement sowohl auf kommunalpolitischer wie auf Bundesebene haben Sie gezeigt, wie sehr Sie sich für die Demokratie eingesetzt haben. Vielen Dank und Ihnen persönlich alles Gute.

(Beifall)

Weitere Informationen

Pressemitteilung vom 6.6.2013: Deutschland hat nach wie vor einen attraktiven Wohnungs- und Immobilienmarkt