2./3. Lesung Gesetz zur Änderung des Zwölften Sozialgesetzbuch
(Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung)
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich glaube, man kann es nicht oft genug sagen: Heute ist ein guter Tag für die Kommunen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Die Bundesregierung hat zugesagt, die Kommunen deutlich stärker als bisher finanziell zu unterstützen und zu entlasten. Dieses Versprechen lösen wir heute ein. Die Übernahme der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ein wichtiger Schritt zum Erfüllen dieser Zusage. Im vergangenen Jahr haben wir – das wurde vorhin bereits erwähnt – mit dem ersten Gesetz zur Stärkung der Finanzkraft der Kommunen den Bundesanteil für 2012 von 16 auf 45 Prozent angehoben. 2013 erhöhen wir den Anteil des Bundes auf 75 Prozent. Ab 2014 übernimmt der Bund die vollen Kosten für die Grundsicherung von den Kommunen. Allein bis 2016 bedeutet diese Kostenübernahme eine neue zusätzliche Entlastung in einer Größenordnung von 20 Milliarden Euro. Ich wiederhole: 20 Milliarden Euro. Dies ist unbestritten die größte Entlastung der Kommunen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Dafür sollten wir dankbar sein.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Ein Zweites kommt hinzu. Profitieren werden von dieser besonderen Entlastung vor allem die Kommunen, die unter ganz drängenden Finanzproblemen leiden, weil sie strukturelle Probleme haben, weil sie besondere Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben und vieles andere mehr. Wir reden über Kosten der Städte, Gemeinden und Kreise – auch diese Zahl wurde vorhin schon genannt, aber sie kann nicht oft genug wiederholt werden – in Höhe von über 4 Milliarden Euro pro Jahr. Sie werden sich überproportional dynamisch nach oben weiterentwickeln.
Nur zur Vermeidung von Geschichtsverfälschung: Mit der heutigen Entscheidung wird ein besonders kommunalfeindlicher Akt der früheren rot-grünen Bundesregierung aus dem Jahr 2001 rückgängig gemacht und damit endgültig beseitigt.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)
Liebe Kollegin Haßelmann, in der rot-grünen Regierungszeit wurden die Kassen der Städte, Gemeinden und Landkreise systematisch geplündert.
(Bernd Scheelen [SPD]: Überhaupt gar nicht!)
Ich belege dies auch mit Zahlen, Herr Scheelen. Dies führte im Jahr 2003 zu dem historischen Tiefpunkt der Kommunalfinanzen mit einem bundesweiten Defizit von über 8 Milliarden Euro. Dabei handelt es sich nicht um die Folgen einer weltweiten Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise, sondern um die Folgen einer kommunalfeindlich gestalteten Bundespolitik. Noch nie hat eine Bundesregierung so viel für die Kommunen getan wie die Regierung unter Angela Merkel.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf der Abg. Gabriele Hiller-Ohm [SPD])
Mit der Entlastung der Kommunen bei den Sozialausgaben durch den Bund wird der Paradigmenwechsel in der Bundespolitik für jeden sichtbar. In der nächsten Legislaturperiode wollen wir die Kommunen bei den Kosten der Eingliederungshilfe ebenfalls entlasten. Die Unterstützung von Menschen mit Behinderung ist eine gesamtgesellschaftliche und keine kommunale Aufgabe
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Bereits in diesem Jahr wird sich die Finanzsituation vor Ort erheblich verbessern. „Fast alle Kommunen konnten ihre Finanzsituation … verbessern“, stellt der Deutsche Städtetag in seinem aktuellen Finanzbericht fest. Nach Einschätzung des Bundesfinanzministeriums wird sich dieser Haushaltsüberschuss bis 2016 kontinuierlich auf über rund 5,5 Milliarden Euro steigern. Die gute Zukunftsperspektive ist nicht nur auf die schrittweise Umsetzung der Ergebnisse der Gemeindefinanzkommission, sondern ohne Frage auch auf die gute Konjunktur zurückzuführen.
Für die nächsten Jahre können die Gemeinden damit rechnen, dass ihre Steuereinnahmen jedes Jahr um 3 Milliarden Euro wachsen. Da nicht alle Kommunen gleichermaßen davon profitieren, ist die milliardenschwere Entlastung bei den Sozialausgaben besonders wichtig.
Wir danken an dieser Stelle Bundesfinanzminister Schäuble, dass er – in einer für den Bund haushaltspolitisch sicherlich schwierigen Zeit – bereit war, diese dynamisch steigenden Kosten zu übernehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Frau Haßelmann, Sie haben recht: Natürlich gibt es arme und reiche Kommunen; das ist überhaupt keine Frage. Nach wie vor gibt es – vor allem im Ruhrgebiet und in Rheinland-Pfalz – Kommunen, denen es unmöglich ist, den Haushalt aus eigener Kraft auszugleichen.
(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Bochum!)
– Bochum ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür: Bochum muss wie viele andere Städte im Ruhrgebiet die laufenden Kosten mit Kassenkrediten finanzieren.
(Bernd Scheelen [SPD]: Wie in NRW zu Zeiten von Jürgen Rüttgers!)
In einigen Ländern müssen die Kommunen zur Durchsetzung ihrer berechtigten Ansprüche bedauerlicherweise immer wieder auf die Hilfe der Landesverfassungsgerichte zurückgreifen, zum Beispiel in Rheinland-Pfalz, wo die SPD-geführte Landesregierung vom Gericht dazu gezwungen wird, zugunsten der Kommunen nachzubessern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich ein weiteres ärgerliches Problem ansprechen, das zunehmend um sich greift: Aufgrund der sehr positiven finanziellen Entwicklung der Kommunen wachsen bei einigen Ländern Begehrlichkeiten, den Kommunen das zusätzliche Geld, das sie vom Bund bekommen, an anderer Stelle wieder abzuziehen.
(Gisela Piltz [FDP]: Wie in Nordrhein-Westfalen!)
Das dürfen wir nicht zulassen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Die Entlastung, die wir heute beschließen, muss vollständig bei den Kommunen ankommen
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
– Vielen Dank für Ihren Beifall. – Die Länder dürfen sich nicht zulasten der Kommunen bereichern. Ich denke, in dieser Frage sind wir uns alle einig.
(Gisela Piltz [FDP]: Ja!)
Wir wollen den Menschen die Möglichkeit geben, ihre Heimat selbst zu gestalten. Dazu gehören Finanzautonomie und eine angemessene finanzielle Ausstattung der Kommunen. Mit diesem Gesetz leisten wir einen hervorragenden Beitrag für starke Städte, Gemeinden und Landkreise. Deshalb werbe ich für eine breite Zustimmung.
Vielen Dank.
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